Donnerstag, 28. September 2017

Kooperieren! Es ist ein Geben und Nehmen!

Kooperationsbereitschaft. Unsere Kinder kooperieren viel öfters, als wir es oft annehmen. Um kooperieren zu können, müssen wir unseren Kindern aber auch Raum geben. Raum um kooperieren zu können, aber auch um es nicht zu tun. Denn Kooperieren ist ein Geben und Nehmen, von beiden Seiten. Kindern und Eltern.
Ein immerwährendes Streitthema zwischen Eltern und Kindern ist wohl die Bereitschaft zu kooperieren oder drücken wir es doch einfach ganz klar aus: "Zu tun, was wir uns wünschen, wenn wir es wollen!"

Uns Erwachsenen liegt viel daran klare Abläufe zu haben. Wir haben Vorstellungen in unserem Kopf, wie der Tag strukturiert ist und Störungen sind meist große Ärgernisse für uns. Mit Kindern kommt es aber sehr häufig zu "Störungen" des Tagesablauf, denn Kinder wissen nichts von unseren Vorstellungen, von unseren Strukturen und haben auch grundsätzlich andere Tagesinteressen als wir selbst. Es kommen im Tagesablauf also mehrere Personen zusammen und allen muss der Raum gegeben werden, ihren Interessen und Abläufen nachzukommen. Wir Erwachsene sind es, die mit unseren Kindern klar kommunizieren müssen, was wir uns wünschen, die aber auch sehen müssen, was unsere Kinder wünschen und die Tagesabläufe darauf dann abstimmen.

Unsere Kinder kooperieren ständig und ich denke sogar, viel häufiger als wir Erwachsene es untereinander tun. Unsere Kinder sind noch auf uns angewiesen, sie brauchen unsere Hilfe und Unterstützung. Wir sind erwachsen und selbstständig, um Hilfe müssen wir nur noch selten bitten.

Im Alltag sehen wir meist garnicht, wie oft am Tag unsere Kinder schon kooperiert haben, es können schon Kleinigkeiten sein. Sie helfen beim Angezogen werden, in dem sie Armen und Beine strecken und in die Kleidung hineinstecken. Sie halten den Fuß hin, wenn die Schuhe angezogen werden. Sie warten eine kleine Weile ab, wenn wir gerade telefonieren. Sie beschäftigen sich, während wir beschäftigt sind. Sie gehen in den Kindergarten, obwohl sie es vielleicht nicht möchten. Sie gehen mit zu Arztbesuchen und warten mit uns, bis wir dran sind. 

Vieles sehen wir einfach als selbstverständlich an und erwarten es auch so! Wir können dann nicht verstehen, wenn das Kind beim Telefonat plötzlich anfängt zu stören oder sich doch nicht selbst anziehen möchte oder angezogen werden soll. Wenn es nicht gehen möchte, trotz wichtigem Termin. Wenn es sich weigert in den Kindergarten zu gehen.

Woran liegt es? Hat es vielleicht schon zuviel kooperieren müssen an diesem Tag oder die letzten Tage? Hatte es selbst zu wenig Zeit und Möglichkeiten seinen Interessen und Bedürfnissen nachzugehen? Will es selbstständiger sein und wir sehen es einfach nicht? Ist der Aufmerksamkeitsspeicher leer? Ist unser Kind einfach vom Tag schon zu müde oder hat Hunger?

Auch wenn wir uns so sehr wünschen, dass wir die Antworten darauf von unseren Kindern erhalten, es ist ihnen bis zu einem gewissen Alter oft einfach nicht möglich. Sie können es uns selbst nicht sagen, wissen aber, so geht es gerade nicht. Wir Eltern müssen nachdenken, die Abläufe überprüfen, nachspüren warum unsere Kinder gerade nicht kooperieren können.

Wenn wir das immer wieder üben und jedem in der Familie Raum lassen, dann können unsere Kinder auch dann kooperieren, wenn sie es in bestimmten Situationen eigentlich garnicht gerne machen.

Ihr kennt vielleicht meinen Artikel "Hilf mir es selbst zu tun... und wenn mein Kind nicht will?". Dort schildere ich, wie sehr es mein Sohn genießt angezogen zu werden. Er sucht damit unsere ungeteilte Nähe und Aufmerksamkeit. Er füllt damit seinen Liebestank auf. Er lässt sich gerne helfen, bei Dingen die er eigentlich schon kann, weil er dann dadurch erfährt, dass wir für ihn da sind. Als Eltern sind wir dann kooperativ, wir leben es vor! Es sind Dinge von denen ich weiß, die ich in meinen Tagesablauf mit einbaue. Diese Zeit nehme ich mir, um sie meinem Sohn zu geben.

Nur was ist, wenn ich meinen Tagesablauf völlig falsch geplant habe! So wie gestern! Ich hatte einen wichtigen Arzt-Termin und die Kinder wollte ich davor noch zu den Großeltern fahren. Also spielte ich im Kopf alles durch und hatte einen Plan. Ich weckte die Kinder frühzeitig... nur wollten sie absolut nicht wach werden. Streß wollte ich aber auch nicht gleich aufbauen. Also küsste und kitzelte ich, bis ich sie wach hatte. Als wir dann nach unten gingen, wollte die Tochter zunächst gestillt werden. Auch dafür nahm ich mir noch die Zeit und redete aber auch schon hier mit beiden, dass wir nun weniger Zeit haben. Wir müssen etwas schneller frühstücken, dann ins Bad gehen, uns anziehen und losfahren.

Die Tochter wollte eigentlich viel länger stillen und protestierte, als ich auf das Frühstücken bestand. Zum Glück, wollte sie mir aber auch direkt Kaffee kochen, als ich sie fragte. Sie kooperierte.
Während ich also begann den Tisch zu decken, kochten mir beide Kinder den Kaffee. Wir frühstückten schnell und danach bat ich beide darum mir beim Aufräumen zu helfen. Normalerweise machen das beide nicht gerne. Sie wollen spielen gehen. Aber mein nun 4,5jähriger Sohn merkte gleich: Halten wir jetzt nicht zusammen und helfen uns, dann wird es am Ende wirklich stressig und das ist nicht schön.
Also räumte ich die Maschine aus, Sohn und Tochter übernahmen das Zurückräumen der Frühstückzutaten in den Kühlschrank. Dann bat ich noch meine Tochter im Wohnzimmer das Licht auszumachen, was sie auch gleich tat. Die Küche war sauber und aufgeräumt und wir gingen nach oben. Ich hätte die Küche auch unaufgeräumt zurück lassen können, aber durch die Unterstüzung meiner Kinder, waren wir gemeinsam schnell fertig und ich möchte meinen Kindern auch gerne vermitteln, dass Genutztes auch wieder aufgeräumt wird, bevor wir gehen.
Schon auf dem Weg nach oben, bat ich den Sohn dass er sich und der Schwester die Zahnbürsten vorbereitet und ihr beim Zähneputzen hilft. In dieser Zeit konnte ich mich selbst fertig machen. Als seine Schwester am Ende nicht den Mund ausspülen wollte, fragte der Sohn, ob sie nicht Durst hat und am Wasserhahn trinken will. Und so spülte sie dann doch noch den Mund aus und ich musste schmunzelte. Wie sehr mein Sohn nachdenkt und schon alleine Lösungsansätze sucht. Ich sprühte über vor Liebe.
Während ich mich nun anzog, bat ich den Sohn zu den Meerschweinchen zu gehen und ihnen das geschnittene Gemüse zu geben, was er auch sofort tat.
Nachdem ich umgezogen war, richtete ich die Kleidung, half der Tochter beim Anziehen und der Sohn zog sich komplett alleine aus und an. Ich weise hier nochmal daraufhin, der Sohn macht das normalerweise garnicht gerne. Aber er sah, es war mir wirklich wichtig, dass er es diesmal selbst macht, weil es sonst stressig werden würde.
Nachdem wir alle fertig waren, gingen wir nach unten, zogen unsere Schuhe an, holten unsere Jacken und Taschen und gingen zackzack ins Auto. Auch dort tat der Sohn etwas, was ich ihm zwar oft sage, aber meistens macht er es doch nicht. Während er in seinen Sitz kletterte, legte er diesmal auch schon die Armgurte um, ich musste also nur noch den 5Punkt-Gurt einklicken, zuziehen, fertig. Er wusste worauf es in diesem Moment ankam. Und schon konnten wir losfahren.

Was will ich damit sagen: Ich war selbst so sehr von diesem reibungslosen Ablauf bewegt, dass ich ihn euch schildern wollte. Diese Fülle an Kooperationsbereitschaft war an diesem Morgen einfach enorm! Er zeigt einfach genau das, was wir uns für unseren gemeinsamen Familienalltag mitnehmen sollten. Unsere Kinder kooperieren und das sehr oft, auch in Situationen, in denen sie es nicht gerne tun, wenn wir ihnen auch Räume lassen, in denen sie nicht kooperieren müssen, in denen auch ihre Bedürfnisse und Interessen gewahrt werden. 
Mein Sohn hat an diesem Morgen ganz bewusst auf das Auffüllen seines Liebestankes durch das normalerweise immer stattfindene Angezogen-werden verzichtet. Er hat überall mitgeholfen, ist allen meine Bitten nachgekommen und hat auch seiner Schwester geholfen, damit wir alle ohne Streß aus dem Haus kommen. Er weiß einfach, solche Ausnahmesituationen kommen nicht oft vor.

Das ist etwas, was wir nicht ständig von unseren Kindern verlangen können. Zu funktionieren! Aber sie können es, wenn wir sie darum bitten und wenn wir es begründen. Sie können es, wenn sie sonst auch die Möglichkeiten haben, es nicht zu müssen. Sie können es, wenn jeder in der Familie so oft es geht darf und nicht muss. Es ist ein Geben und Nehmen.


1 Kommentar:

  1. Oh, das ist aber ein schöner Beitrag. und so wahr! Ich konnte die ganze Zeit nur nicken.
    Meistens sind die Tage die stressfreisten, vor denen man am Anfang Angst hat. Aber im richtigen moment kann man sich dann doch auf seine Kinder verlassen. Und das macht unglaublich stolz!
    Also danke für die schöne Schilderung!

    AntwortenLöschen

ACHTUNG: Mit der Nutzung des Kommentarformulars nimmst du die Datenschutzhinweise dieser Website zur Kenntnis und bist damit einverstanden. Wenn du einen Kommentar postest, werden dein Benutzername, deine IP-Adresse sowie Tag und Datum deines Kommentars gespeichert. Du kannst deinen Kommentar jederzeit löschen.